SCN2A ist die Bezeichnung eines Gens, welches durch Mutationen (z.B. Auswechseln der DNA-Bausteine) eine seltene Erkrankung des Gehirns verursachen kann. Die Erkrankung kann zu unterschiedlichen Zeitpunkten (vor oder nach der Geburt oder auch später im Kindesalter) auftreten und die unterschiedlichsten Ausprägungen aufweisen.
Die genetische Veränderung/Mutation ist von Geburt an vorhanden und liegt ein Leben lang vor. Oft löst die Genmutation, die häufig neu entstanden ist (de novo), aber auch vererbt worden sein kann, schwer verlaufende und schwierig zu therapierende Krampfanfälle (Epilepsien) aus. Auch sehr milde Epilepsien ohne Auswirkungen auf die geistige Entwicklung sowie andere neurologische Störungen wie Entwicklungsverzögerungen, Autismus und Bewegungsstörungen gehören zum Krankheitsbild. Sehr häufig werden bei Kindern mit SCN2A-Mutationen auch Schlafstörungen, Muskelspannungsveränderungen (Hypotonie, Dystonie, Spastiken etc.) und Magen-Darm-Störungen diagnostiziert. All diese Symptome sind Ausdruck einer Fehlfunktion der betroffenen Gehirnzellen, die man bei entsprechender Ausprägung zusammenfassend als Enzephalopathie bezeichnet.
Und noch genauer?
SCN2A steht für Sodium Channel 2A. Übersetzt bedeutet das Natriumkanal des Typs 2 und hiervon die Alpha-Untereinheit, denn der Kanal setzt sich aus einer Alpha- und einer oder mehreren Beta-Untereinheiten zusammen, wobei die Alpha-Untereinheit deutlich größer ist.
Das Gen SCN2A liefert den Bauplan zur Herstellung des Natriumkanalproteins NaV1.2.
Diese Natriumkanäle sind vor allem in Nervenzellen im gesamten Gehirn zu finden. NaV1.2 trägt dazu bei, dass Natriumionen in die Nervenzellen fließen können. Dadurch können elektrische Signale (sogenannte Aktionspotenziale) entstehen und weitergeleitet werden. Diese elektrischen Signale ermöglichen es den Nervenzellen, untereinander zu kommunizieren. Alltägliche, aber komplexe Funktionen wie z.B. die Fähigkeit sich zu bewegen oder zu denken, können so ausgeführt werden.
Das Na in NaV1.2 steht für Natrium, das V für „voltage-gated“. Dies bedeutet, dass es sich um einen spannungsgesteuerten Natriumkanal handelt. Er lässt also nicht ununterbrochen Natrium in die Zelle einströmen, sondern nur dann, wenn die Zelle ein Signal zur Reizentstehung und Weiterleitung erhalten hat.
Im Jahr 2002 wurde das Gen SCN2A erstmalig mit Epilepsien in Verbindung gebracht. Inzwischen ist bekannt, dass SCN2A für Epilepsien, geistige Behinderungen, Bewegungsstörungen und/oder Autismus verantwortlich sein kann. Es konnte zum Teil aufgeklärt werden, wie verschiedene Mutationen im SCN2A-Gen zu unterschiedlichen Erkrankungen und Ausprägungsgraden führen können. Je nachdem, wo sich die Mutation befindet und wie sie den Kanal verändert, kann es einen verstärkten (Gain-of-Function) oder abgeschwächten (Loss-of-Function) Einstrom von Natrium in die Nervenzelle geben.
Es ist sehr wichtig ein Verständnis hierfür zu bekommen, da die korrekte Zuordnung bei therapeutischen Entscheidungen elementar ist.
Überfunktion/ Gain-of-Function (GoF):
Unterfunktion/ Loss-of-Function (LoF):
Mischformen:
Es gibt unterschiedliche Arten von Mutationen. So zum Beispiel Punktmutationen, die die Form des Natriumkanals und damit seine Funktionsweise verändern. Auch Deletionen (der Verlust eines Genteils) können vorkommen. Häufig führt das zum Abbau des gesamten Kanals.
Jede Mutation kann die Arbeit des Gehirns in unterschiedlich ausgeprägter Form beeinträchtigen und zu frühkindlichen epileptischen Anfällen, Autismus-Spektrum-Störungen, geistiger Behinderung und anderen neurologischen Problemen wie Dystonie und Dysautonomie führen.
Bei schwer beeinträchtigten Kindern, die nicht selbstständig sitzen, stehen oder gehen können und viele Medikamente einnehmen, müssen der gesamte Körper und Stoffwechsel gefördert und beobachtet werden.
Folgen einer Mutation in SCN2A können sein:
Weitere mögliche Komorbiditäten:
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Quellen:
-Genetic and phenotypic heterogeneity suggest therapeutic implications in SCN2A-related disorders. Wolff, Markus et al.; Brain, Volume 140, Issue 5, May 2017, Pages 1316–1336
- Progress in Understanding and Treating SCN2A-Mediated Disorders. Sanders, Stephan J et al.; Trends in Neurosciences, July 2018, Vol. 41, No. 7
- Voltage-gated sodium channels at 60: structure, function and pathophysiology. Catterall William A; J Physiol. 2012 Jun 1; 590(Pt 11): 2577–2589
- Natural History Studies and Clinical Trial Readiness for Genetic Developmental and Epileptic Encephalopathies. Palmer Elizabeth E et al.; Neurotherapeutics, Oct. 2021, 18, 1432-1444
Bild: "iStock.com/ktsimage"
In diesem Video des SCN-Portals bekommen Sie eine Zusammenfassung zum Thema "Was ist SCN2A".
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Links zu internationalen SCN2A Organisationen:
- SCN2A Australia
- SCN2A Europe
- SCN2A Italia
- FamilieSCN2A Foundation USA
Literatur Empfehlungen:
- Genetic and phenotypic heterogeneity suggest therapeutic implications in SCN2A-related disorders
- Epilepsietherapie: Gen verrät, ob Medikamente wirken (Ärzteblatt)
- SCN-Portal
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